Der letzte Sommer war trocken und heiß. Von Regen war teilweise wochenlange keine Spur. Blumen und Gemüse lechzten nach Wasser, doch die Fässer waren leer. Was zur Folge hatte, dass die Ernte in den Gärten teilweise etwas geringer ausfiel. Das war auch „Fischbachs frecha Früchtla“ wiederholt aufgefallen und sie hatten ihre Beobachtungen und Ängste Jugendbetreuern erzählt. Was lagt da also für das neue Jugendgruppenjahr 2019 näher als dieses Thema aufzugreifen und es für die Kinder erlebbar und begreifbar zu machen, aber auch als wertvoll herauszustellen. Und so traf man sich am vergangenen Samstag zur ersten Aktion mit dem Jahresmotto „Wasser – sprudelnd-spritzig-lebenswichtig!“. Es seien unter anderem viele Experiment geplant, sowie eine Führung an der Ködeltalsperre und im Schwimmbad, so 1. Vorsitzender Matthias Fischer. Auch das Leben im und am Wasser, Wasserenergie oder einfach Wasserspaß stünden auf dem Plan. Da man aber auch immer das Thema Heimat an die Kinder weitergeben wolle, gäbe es heute ein kleines Floßrennen auf der Fischbach.
Die Fischbach führt durch Wötzelsdorf, den Brunnweg entlang nach Fischbach, über die Grundmühle bis nach Vogtendorf, wo sie als linker Nebenarm in die Rodach mündet. Die Rodach wiederum ist, neben der Kronach und der Haßlach, einer der drei bedeutenden Flüsse Kronachs. Auf ihnen wurde ab Mitte des 12. Jahrhunderts, mit Hilfe der Flößerei, das Holz des Frankenwaldes flussabwärts transportiert. Schon früh im Jahr schlugen die Flößer des Frankenwaldes ihre Bäume und jeder Stamm erhielt mit einem Nüt oder Schlaghammer das Floß- oder Hauszeichen seines Besitzers. An den gestauten Floßteichen gab es große Lagerplätze und dort schnürte man auch die ersten Flöße zu sogenannten Grundkuppeln. Diese wurden anschließend mit viel Mut und Geschick ins Heimatdorf geflößt und dort aufgestapelt. Danach erfolgte die Zusammenstellung der Böden, die schließlich unter der Anteilnahme der ganzen Ortschaft mit lautem „Hau Ruck“, einem frommen „In Gotts Nom“ und einem „Feuedunnekeil“ zu Wasser gingen. Über die Rodach zum Main nach Bischberg ging die Reise, wo die Böden zu einem gewaltigen Mainfloß zusammengezimmert wurden. Es war nun ca. 100m lang und 8m breit. Anschließend ging es weiter bis Mainz wo die Flöße wieder vergrößert wurden, zu sogenannten Rheinfloßen. Nun ging es noch bis an die Nordsee. Es heißt, dass unter anderem halb Amsterdam auf Holzpfählen aus dem Frankenwald erbaut wurde.
Die Flößer hatten nur einfache Gerätschaften zum Steuern. So gehörte der Floßhaken in verschiedenen Größen und Formen stets dazu. Die Arbeit war beschwerlich und auch gefährlich. Für Ersatzkleidung war im Reisegepäck der oft pitschnassen Flößer kaum Platz, da die Heimreise oft zu Fuß angetreten werden musste. Das Floß war ihnen Schlafzimmer, Bad und Küche und das für viele Wochen bis Monate. Die Familien blieben zu Hause. Frau und Kinder kümmerten sich um den Garten und manchmal um einen kleinen Acker und ein paar Tiere. Viele arbeiteten als Erntehelfer bei benachbarten Bauern oder machten Heimarbeit. Kehrten die Männer nach langer Fahrt wieder heim so brachten sie nicht nur den schon erwarteten Lohn sondern auch viele Neuigkeiten mit.
Zur Flößerei und den Flößern gibt es viele Geschichten. Sie wären rau, urwüchsig, naturverbunden, frei von Konventionen, Frauenhelden und trinkfest gewesen. Letzteres kam daher, dass ihnen tarifvertraglich täglich fünf Liter Bier zustanden. Aber vor allem hatten sie kein einfaches Leben und standen dennoch immer füreinander ein. Eines ist den Flößern aber erhalten geblieben: der Stolz auf ihre Wurzeln, endete Jugendgruppenleiterin Silvia Fischer, und sie sei Stolz ein Teil davon zu sein, da sowohl Großvater als auch Urgroßvater noch bis zum Schluss echte Flößer aus Neuses waren. Als Anschauungsmaterial hatte sie den Kindern ein Modellfloß mitgebracht und Bilder ihrer Vorfahren in der traditionellen Flößertracht.
Anschließend zimmerten sich die Kinder eigene Mini Flöße aus Buchenruten bevor man sich auf dem Weg zum Startpunkt im Brunnweg machte. Auf dem Marsch dorthin kamen noch viele neugierige Fragen bezüglich der Flößerei bevor es endlich mit einem „In Gotts Nom“ losging. An diesem Nachmittag war es auf dem sonst so ruhigen und beschaulichen Weg alles andere als ruhig, als 24 Flöße die Fischbach hinunter trieben. Zum Schluss gab es dennoch einen eindeutigen Gewinner. Michael Fischer hatte wohl nicht nur gut aufgepasst und sein Holz geschält, sondern auch einfach die genetischbedingt besten Flößereigenschaften und durfte sich, sowie Emely Oßmann als Zweitplatzierte und Jonathan Graf als Drittplatzierter über eine Kinder-Flößerbrotzeit inkl. eigenem Krug freuen. Bei dem schönen Wetter blieb man noch etwas sitzen, aß und trank bevor es mit Floß und Infoblatt für die Jugendmappe wieder nach Hause ging.